Aus der Vereinsgeschichte
Nach der bisher urkundlich festgelegten Überlieferung läßt sich die Entstehungsgeschichte des Weißensberger Musikvereins bis ins Jahr 1853 zurückverfolgen. Daß die Kapelle auf eine noch ältere Vergangenheit zurückblicken kann, zeigt der erst vor kurzem entdeckte Zeitungsartikel im "Anzeige-Blatt für das westliche Algäu" vom 24. August 1896, mit folgendem Originalwortlaut:
"Simmerberg, 24. August 1896
Um 15. des Mts. beehrte uns die Weißensberger Musikkapelle mit einem Besuche und gab bei H. Josef Karg dahier ein Konzert mit sehr reichhaltigem Programm. Sämtliche Piecen wurden unter der Direktion des Herrn Ignatz Wilhelm meisterhaft vorgetragen. Jedem Stücke wurde von dem zahlreich erschienen Publikum stürmischer Beifall gezollt und es war alles heiter und vergnügt bis in die späte Nacht hinein. Schon über 50 Jahre erfreut sich genannte Kapelle eines sehr guten Rufes und hat auch diesmal gezeigt, daß sie denselben rechtlich verdient. Um 16. machte dann die Kapelle einen Abstecher nach Oberreute und Sulzberg woselbst es ihr sehr gut gefiel. Den Heimweg schlug sie über Weiler ein, von wo aus die Bahn benützt wurde. Wir können nur wünschen, daß die Kapelle mit gleichem Eifer auch ferner vorwärts strebt und uns recht bald wieder mit einem Besuche erfreut."
Im wechselvollen Ablauf der Zeiten verstand es der Verein, die Freude des alemannischen Menschen in der Musik wachzuhalten. Nach Beendigung des Feldzuges gegen Frankreich 1870/71 schlossen sich die hiesigen Gemeindebürger zur Pflege der Musik neuerdings enger zusammen. Leider ging in den Wirren der Vergangenheit, unter denen natürlich auch das Vereinsleben zu leiden hatte, manche wertvolle Urkunde verloren. In den neunziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts dirigierte Thomas Strodel aus Loch-Rothkreuz die Musikkapelle. Unter seiner Leitung verdiente sich der Vorstand und spätere Ehrenvorsitzende des Vereins, Josef Anton Hänsler, Wildberg, die ersten Sporen im Dienste der edlen Musica. Ab 1911 fungierte Markus Meßmer, Weißensberg als erster Vorsitzender. Albert Luger aus Bösenreutin stand ihm damals als Dirigent zur Seite. Der erste Weltkrieg riß schmerzvolle Lücken in die Reihen der aktiven Musiker und Vereinsmitglieder. Einzelne, idealgesinnte Musikkameraden hielten das Vereinsleben notdürftig aufrecht, das nach Kriegsende allmählich einer neuen Blütezeit entgegen ging. Markus Meßmer blieb weiterhin an der Spitze des Vereins. Die Kapelle hatte in Martin Wilhelm, Metzlers und Adolf von Velasco, Rothkreuz, die richtigen Männer gefunden. Als weitere, langjährige Vorstände folgen: Gendarmeriekommissar Müller (Rothkreuz), Landwirt und Bürgermeister Josef Feßler (Eggenwatt) und Maurermeister August Gut (Rothkreuz), der nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 zäh und beharrlich die Wiedererstehung des Vereins veranlaßte. Bis 1961 lag das musikalische Geschehen in den Händen des Dirigenten Gustaf Strzibny. Ereignisreiche Tage waren das 100-jährige Bestehen des Musikvereins mit Fahnenweihe im Jahre 1953, welches mit dem 2. Bezirksmusikfest gefeiert wurde. Fahnenpatin war damals Paula Messmer. Getragen wurde die neu geweihte Fahne von Bartholomäus Kutter. Im Jahr 1961 übernahm Severin Birk die Führung des aus 143 passiven und 10 aktiven Mitgliedern bestehenden Vereins. Als Dirigent stand ihm Gustav Strzibny und später Hans Schmidt zur Seite. Als Vorstand Birk aus gesundheitlichen Gründen sein Amt 1972 zur Verfügung stellte, drohte der Verein aufgelöst zu werden. Um den Verfall des Vereins aufzuhalten, führte Herr Birk den Verein kommissarisch bis Januar 1973 weiter. Der damalige Gemeinderat Willi Minke erklärte sich bereit, ein Häuflein von sieben Musikanten zu übernehmen und den Musikverein Weißensberg auf neue Füße zu stellen. Gleichzeitig wurde den passiven Mitgliedern das Stimmrecht zuerkannt. Severin Birk übergab seine Geschäfte mit der Bedingung, die bereits geführten Gespräche zur Aufnahme der Partnerschaft mit Rothkreuz in der Schweiz zu verwirklichen. Minke war es gelungen, bis Mai 1973 die Musikkapelle zum Partnerschaftsbesuch in die Schweiz vorzubereiten. 1974 wurde die Kapelle mit einer Allgäuer Tracht neu eingekleidet, die durch Spenden der Mitbürger und der Gemeinde finanziert werden konnte. Durch die überaus große Gastfreundschaft der Musikgesellschaft Rotkreuz /Schweiz im Jahr 1973, lud der Musikverein Weißensberg 1975 zum ersten Gegenbesuch ein. Der Kontakt zwischen den Kapellen wird bis zum heutigen Tag aufrecht erhalten. Als Dirigenten fungierten damals Erich Schwarzkopf und Heinz Fritz, die es verstanden, die Kapelle in kürzester Zeit auf ein gutes musikalisches Niveau zu bringen. Aus komunalpolitischen Gründen stellte Minke seine hervorragenden Fähigkeiten als erster Vorstand im Herbst 1975 bedauerlicherweise wieder zur Verfügung. Bürgermeister Günther Zwisler übernahm dann den Verein für zwei Jahre und als Dirigent unterstützte ihn Ludwig Knaus. Er führte in den drei Jahren seiner Dirigentenzeit den Musikverein zu drei Wertungsspielen, die den guten Leistungsstand der Kapelle bewiesen. 1976 wurde Severin Birk und Markus Wilhelm für deren Einsatz im Dienste des Vereins die Ehrenmitgliedschaft verliehen. 1977 übernahm Kurt Mang das Vereinsruder und engagiert sich seither stark in der Jugendausbildung. Zum Jahresende 1978 übernahm Heinz Fritz die musikalische Leitung der Kapelle. Ein herausragendes Ereignis in der Vereinsgeschichte war das 125-jährige Bestehen der Kapelle, das vom 29.6. - 1.7.1979 im Rahmen eines Musikfestes mit Fahnenweihe ausgiebig gefeiert wurde. Es war selbstverständlich, daß bei diesem Ereignis auch die Freunde vom Zuger See anwesend waren. Als Fahnenpatin glänzte Ulrike Baur. Getragen wurde die in neuem Glanz erstrahlende, erstmals im 1912 geweihte Fahne von Horst Weiß, der dem Verein bereits seit 20 Jahren als Fähnrich die Treue hält. Im Juni 1980 wurde Hugo Koros als mit 18 Jahren der bislang jüngste Dirigent in der Vereinsgeschichte gewonnen. Unter seiner Stabführung machte sich die Musikkapelle einen über die Gemeindegrenzen hinaus bekannten Ruf für gute Unterhaltungsmusik. Im Rahmen des Jahreskonzertes 1984 wurden die Musiker Roland Bach und Max Vogler für 25-jährige Mitgliedschaft geehrt. Europae ist heute in aller Munde. Für die Weißensberger Musikanten war jedoch schon 1985 ein europäisches Jahr, als diese vom 10. - 13. Mai in das über 1.000 Kilometer entfernte Andouillé / Frankreich fuhren. Bereits eine Woche später ging man wieder auf Reisen. Die schweizer Freunde hatten zu ihrem traditionellen Maifest geladen. 1987 verbesserte sich das Erscheinungsbild der Musikkapelle weiter. Die Musikantinnen wurden mit hervorragend zur vorhandenen Tracht passenden Dirndl neu eingekleidet, was auch beim Publikum großen Anklang fand. Doch nicht nur optisch gab es Veränderungen, wurde doch mit Maria Weiß erstmals in der Geschichte des Vereins eine Frau zur Geschäftsführerin gewählt. Auch in diesem Jahr waren die Musikanten im benachbarten Frankreich unterwegs. Bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren machte man sich auf den Weg nach Andouillé, um dort mit den neu gewonnen Freunden das
100-jährige Bestehen zu feiern. Deren Präsident Paul Taunay schrieb darauf begeistert:
"...... überall spricht man noch von Ihren musikalischen und folkloristischen Darbietungen und Ihrer schönen Uniform."
Zu einem ereignisreichen Jahr entwickelte sich auch 1989. Am 10.6.1989 schlossen der Dirigent Hugo Koros und die erste Klarinettistin Ulrike Baur mit einer prächtigen Musikantenhochzeit den Bund fürs Leben. Eineinhalb Monate später begannen die Ausbauarbeiten für das neue Musikheim. Hier wurden von den Musikern und einigen verdienten Helfern des Vereins, unter der Führung von Kurt Mang, mehrere hundert Arbeitsstunden geleistet. Die französischen Musikerkameraden waren bereits an Christi Himmelfahrt zu einem mehrtägigen Gegenbesuch in Weißensberg angekommen. Das Jahreskonzert 1989 wurde als würdigen Rahmen ausgewählt, um Rudi Heinrich für seine 40-jährige Treue zum Verein auszuzeichnen. Die jahrelange "Heimatlosigkeit" in Sachen Probelokal nahm am 4. November 1990 mit der feierlichen Einweihung des neuen Vereinsheimes und einem Tag der offenen Tür ein Ende. Selbstverständlich war es, im Mai des selben Jahres zur Neuuniformierung der schweizer Freunde an den Zuger See zu fahren. Ein Erlebnis bildete auch die Teilnahme an dem vom Verlag Finanz und Wirtschaft am 13.10.90 in Bern veranstalten 2. Europäischen Heissluftballon-Festival, zu dem man engagiert wurde. Für 25 Jahre im Dienste der Blasmusik wurde am 8.12.1990 unser Bassist Werner Bach geehrt. Einen Wehmutstropfen brachte das Jahr 1991, als Hugo Koros mit seinem 12. Jahreskonzert endgültig den Taktstock niederlegte. Glücklicherweise kehrte er dem Verein nicht ganz den Rücken, sondern bereichert seither mit seiner Trompete und seinen zahlreichen Arrangements die Kapelle. Hermann Eggel wurde anläßlich des Jahreskonzertes für 25-jährige Musikertätigkeit geehrt. Seit Januar des vergangenen Jahres hat nun Richard Höllgartner die musikalische Führung der Kapelle.
Der Musikverein zählt heute insgesamt 47 aktive Musikanten, davon neun in Ausbildung und 13 im Alter von unter 18 Jahren. 163 passive Mitglieder unterstützen den Verein.